Ratsinformationssystem
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Beschlussvorschlag:
1) Die Verwaltung wird beauftragt, eine konzeptionelle Vorstudie zur Reduktion der Lebensmittelverschwendung und Umverteilung geretteter Lebensmittel zu erarbeiten. Diese beinhaltet die inhaltliche Recherche und Vernetzung relevanter Akteure mit dem Ziel der gemeinsamen Konzepterstellung zur Maßnahmenumsetzung innerhalb der Stadtbevölkerung.
Räumlicher Bezug:
gesamtes Stadtgebiet von Leipzig
Beschreibung des Abwägungsprozesses:
Die erste Prüfung im Zuge der Erarbeitung des Verwaltungsstandpunktes ergab rechtliche Bedenken zu mehreren Bestandteilen des Antrags, insbesondere lebensmittelrechtliche, lebensmittelstrafrechtliche, allgemeine strafrechtliche, zivilrechtliche und abfallwirtschaftsrechtliche Sachverhalte. Die Lösung dieser Fragen liegt nicht in der Regelungskompetenz der Gemeinden, sondern bei Bund und Ländern in konkurrierender Gesetzgebungszuständigkeit.
Aus diesem Grund wird ein Alternativvorschlag unterbreitet, der in Betracht der bestehenden Kapazitäten realisierbar erscheint und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Rechnung trägt.
Der Vorschlag birgt nennenswerte Potentiale, die zum einen in der Sache selbst, zum anderen in finanzieller Hinsicht auch für die Stadt Leipzig liegen. Weiterhin basiert er auf zwei wesentlichen Stadtratsbeschlüssen:
Mit dem Ratsbeschluss VI-DS-02824, „2030-Agenda für Nachhaltige Entwicklung: Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene gestalten“ hat sich die Stadt Leipzig dazu bekannt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) beizutragen. Der Antrag entspricht inhaltlich exakt dem SDG 12.3 und liegt ausdrücklich auch im eigenen Interesse der Stadt Leipzig. Weiterhin wurde mit Beschluss des Sofortmaßnahmenprogramms zum Klimanotstand bekräftigt, alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten konsequent für eine effektive Treibhausgasminderung im städtischen Handeln umzusetzen (VI-A-07961-DS-10). Mit Maßnahme 14 wurde dem Referat Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz die Aufgabe zur „Verstärkung der Einbindung und Information der Bevölkerung bei Energie- und Klimaschutzthemen“ federführend übertragen. Hierbei werden schwerpunktmäßig Aufgaben im Bereich des Klimaschutzes und der Klimagerechtigkeit genannt, so zum Beispiel Klimaschutzkampagnen, öffentliche Austauschformate zur Umsetzung und Identifizierung von Klimaschutzmaßnahmen, Angebote zur Motivation von Schulkindern.
Die Lebensmittelverschwendung steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Negativfolgen für Umwelt, Klima und Sozialgefüge und ist somit ein Kernelement obiger Beschlüsse. Wie das Umweltbundesamt konstatiert, geht im jährlichen Durchschnitt circa ein Drittel der Lebensmittel auf dem Weg vom Feld bis zum Teller verloren. Zur weltweiten Hungerproblematik kommt hinzu, dass diese Verluste mehr als 38 Millionen Tonnen Treibhausgase, gut 43.000 Quadratkilometer landwirtschaftlicher Fläche sowie 216 Millionen Kubikmeter Wasser beanspruchen. Energieaufwendungen für Herstellung und Transport sowie verwenden Pflanzenschutzmittel, Mineral- und Wirtschaftsdünger, die die Umwelt belasten, zahlen weiterhin negativ auf die Klimabilanz dieser Lebensmittel ein.
I. Eilbedürftigkeitsbegründung
entfällt
II. Begründung Nichtöffentlichkeit
entfällt
III. Strategische Ziele
Vorsorgende Klima- und Energiestrategie: Die Umsetzung von Maßnahmen zur Reduktion der Lebensmittelverschwendung stehen in direktem Zusammenhang zu Energie- und Klimaschutzzielen auf nationaler wie lokaler Ebene.
Globales Denken, lokal verantwortliches Handeln: Die Sensibilisierung für das Thema der Lebensmittelverschwendung birgt Anknüpfungspunkte für Aktivitäten im Bereich der Bildung für nachhaltige Entwicklung und in diesem Zusammenhang für die Bewusstseinsschärfung globaler Effekte von Ressourcenverschwendung im Lebensmittelbereich.
IV. Sachverhalt1. Beschreibung der Maßnahme und Erläuterung Alternativvorschlag
Im Folgenden werden die Beschlusspunkte des Antrags im Einzelnen gewürdigt, was in den vorgelegten Alternativvorschlag mündet. Voranzustellen ist, dass die Verwaltung aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen aller Voraussicht nach lediglich koordinierende und vernetzenden Funktionen übernehmen kann. Es wird erforderlich sein, zivilgesellschaftliche Akteure für die Projektverantwortung zu gewinnen.
Zu Punkt 1 zum Antrag: Containern sollte im Gesamtzusammenhang mit der Lebensmittelverschwendung gesehen werden, denn dort ist es nur das letzte Glied in der Kette. Eine Regelungskompetenz auf Gemeindeebene besteht nicht, daher sind zulässige Fördermaßnahmen an dieser Stelle kaum vorstellbar. Eine Freigabe der Container durch die jeweiligen Einzelhändler wäre als Individualentscheidung des Lebensmittelunternehmens (LMU) möglich. Aufgrund der für die Unternehmen zudem bestehenden großen Risiken einer zivil- und strafrechtichen Haftung bei durch diese Lebensmittel verursachten Schäden dürfte hierfür jedoch nur eine geringfügige Teilnahmebereitschaft bestehen.
Um Lebensmittelverschwendung zu reduzieren und Containern überflüssig zu machen, ist eine Einbeziehung der gesamten Wertschöpfungskette durch konkrete Maßnahmen und Ziele wesentlich.
Zweckdienlicher erscheint die Bereitstellung der Lebensmittel in eigens dafür designierten Regalen oder Kühlschränken. In diesem Zusammenhang ist eine verantwortliche Betreuung der Abholstationen zwingend notwendig. Diese müssten so betrieben werden, dass die Gefahr nachteiliger Beeinflussungen von Lebensmitteln und der beteiligten Betriebsstätte ausgeschlossen sind. Dementsprechend müssen die betreffenden Übergabestellen regelmäßig gewartet, gereinigt und ggf. desinfiziert werden. Auch sollte eine sachgerechte Abfallsammlung und -verwertung sichergestellt sein.
Grundsätzlich gilt, dass eine Ware nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) weiterhin in den Umlauf gebracht werden darf, wenn sich das Unternehmen, das die Ware abgibt, davon überzeugt hat, dass das Lebensmittel sicher ist. Die Verantwortung über die Sicherheit der Ware im Falle einer Weitergabe liegt uneingeschränkt beim jeweiligen LMU. Anders verhält es sich bei sehr leicht verderblichen Lebensmitteln, die mit einem Verbrauchsdatum gekennzeichnet sind. Dieses ist zwingend einzuhalten.
Die konzeptionelle Vorarbeit soll im Austausch mit wesentlichen Akteuren aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Verwaltung entstehen. In einem offenen Dialog sollen Interessenlagen eruiert und Möglichkeiten einer gemeinsamen Projektumsetzung besprochen werden. Im Rahmen dieses Prozesses wird angestrebt, Lösungsmöglichkeiten zugunsten einer Nutzung aussortierter Lebensmittel erarbeitet werden.
Hierfür werden Vertreter und Vertreterinnen von Umweltverbänden, betreffenden Initiativen und Organisationen (z.B. Tafel e.V., Foodsharing Leipzig), dem Einzelhandel (z.B. Konsum Leipzig), Stadtteil- bzw. Quartiersmanagement, dem Sozialamt und dem Referat Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz eingebunden. Es gibt in Leipzig und im Raum Mitteldeutschland bereits einige Akteure, die sich auf unterschiedliche Weise mit den Themen Lebensmittelverschwendung und –rettung auseinandersetzen. Diese Anknüpfungspunkte versprechen Potential für die Konzepterstellung bzw. Projektplanung: - Einzelhandel: Biomare, Macis, Kuchenhimmel und Brotfein, Konsum, Im Angebot, NIX TONNE (Vortagsbäckerei) - Gemeinnützige Initiativen und Vereine: Tafel Leipzig e.V., Korps Leipzig, Foodsharing, Crummes Eck (Konzept: gerettete Lebensmittel gegen Spende, gemeinnützige Einrichtung, die bislang nur in Halle existiert), BUND Regionalgruppe Leipzig, Konsum Global Leipzig
Weiterhin ist grundsätzlich denkbar, mögliche Aktionen stärker mit bereits bestehenden Klimaschutz- und Sensibilisierungsmaßnahmen zu verknüpfen, die weiter vorne in der Wertschöpfungskette greifen. Auch hier ist die Stadt bereits involviert, so zum Beispiel: - WERTvoll von Stadt Land Plus - Kooperationen der solidarischen Landwirtschaft und weitere Projekte des Leipziger Ernährungsrates - Maßnahmen im Bereich der Bildung für Nachhaltige Entwicklung - Abfallvermeidungsstrategien und -kampagnen der Stadtreinigung Leipzig Zusätzliche Plattformen böten sich für die Kampagnenarbeit im Rahmen der Initiativen „Zu gut für die Tonne!“ (BMEL), „Tag der Lebensmittelverschwendung“ (WWF) sowie der Aktionstage Nachhaltigkeit (RNE).
Zu Punkt 2 zum Antrag: Die vorgeschlagene juristische Unterstützung von Unternehmen bei Fragen des Haftungsausschlusses kann durch eine Kommune nicht geleistet werden. Diesem Anliegen stehen kommunalwirtschafts- und wettbewerbsrechtliche Bedenken sowie gesetzliche Beschränkungen hinsichtlich der Erbringung rechtlicher Beratungsdienstleitungen entgegen. Gegenwärtig stellen Haftungsunsicherheiten beispielsweise in der Weitergabe von Lebensmitteln insbesondere auch die Frage im Umgang mit dem MHD immer noch einen gewichtigen Grund für das Entsorgen von Lebensmitteln dar.
Grundsätzlich ist der Verkauf von Lebensmitteln nach Überschreiten des MHD zulässig (§ 7a LMKV), allerdings besteht eine besondere Sorgfaltspflicht (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 b LFGB). Ob und inwiefern eine Sensibilisierung hierfür geleistet werden kann, soll in der anvisierten Voruntersuchung betrachtet werden.
Zu Punkt 3 zum Antrag:
Nach Rücksprache mit dem Leipziger Tafel e.V. besteht grundsätzlich ein Bedarf an weiteren Kooperationspartnern des Einzelhandels sowie weiteren Lebensmittelspenden. Dabei gibt es auch dezidiert Waren, die noch nach Ablauf des MHD angenommen werden. Weiterhin gibt es auch Einrichtungen der Stadt, die Lebensmittelspenden entgegennehmen (z.B. Notunterkünfte, Tagesunterkünfte). Welche Einrichtungen dies konkret wären und in welchem Umfang eine Zusammenarbeit möglich wäre, soll Gegenstand des zu erarbeitenden Konzeptes sein. Bestenfalls entwickelt sich hieraus eine Kooperation, die auch den städtischen Einrichtungen zugutekommt. Zu Punkt 4 zum Antrag: Die Einführung eines Siegels für Projektteilnehmende kann im Rahmen der Konzeptausarbeitung näher betrachtet und zum aktuellen Zeitpunkt nicht bewertet werden. Hier würde zunächst eine Recherche nach bereits vorhanden Beispielen erfolgen. Zu Punkt 5 zum Antrag: Es gilt, die Kräfte in der Zivilgesellschaft zu mobilisieren und zu befähigen, um konzertierte Aktionen, ggf. auch eine unterstützende Kampagne zur Thematik ins Leben zu rufen. Die Sensibilisierung für die Problematik in Geschäften erscheint in Kombination mit einer möglichen Kampagne und gegebenenfalls in Verknüpfung mit bereits bestehenden Bemühungen auf nationaler Ebene sinnvoll. Dabei soll eine mögliche finanzielle Unterstützung im Rahmen des Handlungsfeldes 14 aus dem Sofortmaßnahmenprogramm nicht der zentrale Gegenstand des Konzeptes sein, wird aber an dieser Stelle als unterstützende Maßnahme nicht ausgeschlossen.
Die im Antrag darüber hinaus vorgeschlagene Forcierung der Fixierung einer Teilnahme am Projekt beim Abschluss städtebaulicher Verträge ist im Sinne der §§ 11, 12 BauGB nicht möglich. Die Teilnahme an einem solchen Projekt kann nicht zum Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages im Rahmen dieser Vorschriften gemacht werden.
2. Realisierungs- / Zeithorizont
Eine positive Beschlussfassung birgt trotz rechtlicher Herausforderungen das Potential, die Vernetzung und Zusammenarbeit mit engagierten Akteuren der Stadt Leipzig voranzutreiben und achtsame, innovative Wege im Umgang mit Lebensmitteln und den natürlichen Ressourcen zu entwickeln.
Die konzeptionelle Vorstudie wird bis zum III. Quartal 2021 erarbeitet.
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